In dem letzten Interview war es um die Kritik von einigen Lesern und Leserinnen gegangen, warum ich überhaupt Interviews mit so etwas wie mit meiner Inneren Stimme veranstalte.
Meine Innere Stimme hatte eine ganze Reihe von Gründen genannt – bis auf einen, den sie in einem separaten Interview (also diesem hier) beleuchten wollte.
Das Thema?
Der Big Shift.
Innere Stimme: Wie immer lass uns kurz klären, was wir beide mit Big Shift genau meinen.
Du, Martin, bezeichnest den Big Shift oft als den Wechsel vom Dramaland des Lebens in das eigene Erfolgsreich. Das mag ich, denn die Definition transportiert gleich mehrere Aussagen. Erstens, dass das Dramaland nicht unbedingt Eure eigene Erfindung ist, sondern zu etwas Größerem gehört – dem Leben. Zum Zweiten beinhaltet die Aussage, dass jeder von Euch eine eigene Vorstellung vom Erfolg besitzt. Dem kann ich mich voll und ganz anschließen.
Dennoch möchte ich Deine Definition erweitern, denn aus meiner Sicht bezeichnet der Big Shift die Erfahrung, wenn jemand seine Innere Stimme als vollwertiges Mitglied in seine Persönlichkeit integriert.
Siehst Du das als Widerspruch zu meiner Definition?
Innere Stimme: Keineswegs. Denn in das eigene Erfolgsreich kann man nur mit seiner Inneren Stimme gelangen.Insofern gehören beide Aussagen zusammen, dennoch finde ich es wichtig, den Aspekt der Integration der Inneren Stimme hervorzuheben.
Warum?
Innere Stimme: Jeder Mensch geht in seinem Leben durch bestimmte Phasen.
Wenn Du in diese Welt geboren wirst, verkörperst Du etwas, das ich als reines Bewusstsein bezeichne. Deine Persönlichkeit ist ein nahezu unbeschriebenes Blatt und Du denkst noch kaum in menschlichen Kategorien.
Man könnte das reine Bewusstsein als eine sehr schöpferische Energie bezeichnen, die mit der Intention aufgeladen ist, ein Leben zu erschaffen. Dazu jedoch muss sie erst in Eurer irdischen Realität Fuß fassen.
Und so geschieht in Phase 1, was geschehen muss: Das reine Bewusstsein entdeckt und erfährt die Welt der Sinne und verliert sich darin.
Es verliert sich? Wie das?
Innere Stimme: Du endteckst das Wunder und die Wonnen, aber auch die Wehen des irdischen Lebens. Du lernst, Deinen Körper zu gebrauchen und Dich über Sprache zu verständigen. Alles Grundvoraussetzungen, um im menschlichen Leben zurecht zu kommen.
Dabei verschmilzt Dein reines Bewusstsein derart mit der physischen Realität, dass Du die Erinnerung an Deine wahre Natur verlierst. Du nimmst Dich nur noch als Mensch wahr. Aber eben nicht als reines Bewusstsein, das die Natur des menschlichen Lebens erkundest.
Mehr noch: Du lernst, zwischen Dir und der Welt zu unterscheiden, was dazu führt, dass Du die fundamentale Einheit des Lebens, das paradiesische Gefühl des Einsseins nur noch sporadisch wahrnimmst.
Du erlebst Dich vielmehr als ein körperliches Wesen, das Hunger hat, Freude empfindet, Krankheiten durchlebt und die Lebenslust in allen Facetten erkundet und genießt.
Du bist wie ein Besucher eines Kinos, der sich für eine Weile in dem Film verliert, der aufgeführt wird. Du vergisst für kurze Zeit, dass Du in einem Saal mit Anderen sitzt und dass ein Projektor die Filmhandlung als bewegte Bilder auf die Leinwand projiziert. Du erlebst die Story, als ob Du selbst der Held oder die Heldin wärst. Du bist für kurze Zeit quasi eins mit der Handlung.
Nun kommt aber im Leben vieler Menschen früher oder später eine Zeit, in der ein Erwachen vorgesehen ist.
Was meinst Du damit?
Innere Stimme: Ein Erwachen kannst Du Dir so vorstellen, dass Du Dich quasi wie im Kino aus der vollständigen Identifikation mit der Handlung löst und Dir wieder gewahr wirst, dass Du in einem Saal sitzt und Dir lediglich einen Film ansiehst.
Allerdings, und hier endet die Parallele meiner Kino-Metapher mit dem echten Leben, geht das Erwachen eines Menschen viel weiter.
Denn im Gegensatz zum Kinobesucher, der sich den Film eines Fremden ansieht, bist Du in Deinem eigenen Lebensfilm nicht nur der Hauptdarsteller oder die Hauptdarstellerin, sondern auch dessen Regisseurin, Drehbuchautor und obendrein auch der Casting-Direktor, der die anderen Akteure ausgesucht und für seinen Lebensfilm gebucht hat.
Dieses Erkennen und Begreifen ist keine Kleinigkeit, wie Du Dir gewiss vorstellen kannst. Denn es ermächtigt Dich, Dein Leben fortan selbst zu gestalten.
Aber so wichtig und notwendig dieses Erwachen auch sein mag, so schmerzhaft kann es sich für Euch anfühlen.
Inwiefern?
Innere Stimme: Bis zum Erwachen kommt Euch die Welt wie eine Bühne vor, auf der ein Theaterstück aufgeführt wird, auf dessen Ursprung und Ausgang Ihr nur bedingt, wenn überhaupt einen Einfluss habt. Das Leben geschieht Euch und das Beste, was Ihr in einem solchen Szenario erreichen könnt, besteht darin zu lernen, wie Ihr es beeinflussen und – besser noch – kontrollieren könnt.
Tatsächlich verbringt Ihr einen großen Teil Eures Lebens mit dem Versuch, die Geschehnisse zu Euren Gunsten zu wenden, in dem Ihr das Leben und andere Menschen manipuliert.
Das klingt nicht gut.
Innere Stimme: Oh, das war keine Kritik. Irgendetwas müsst Ihr ja in der Hand haben, um sicher zu stellen, dass sich Eure Wünsche und Ziele manifestieren können.
Das einzige Problem an dem Ganzen besteht darin, dass Ihr zu sehr darauf fixiert seid, die Welt da draußen zu verändern, anstatt zum Ursprung zu gehen – Euch selbst.
Genau dazu dient das Erwachen.
Allerdings geht ihm oft voraus, dass der Lebensfilm, mit dem Ihr Euch bis dahin identifiziert habt, eine ungemütliche Wendung erfährt – oft in Form einer schweren Lebenskrise. Und das ist für die Meisten von Euch eine erschreckende Erfahrung.
Denn solange alles in Eurem Leben glatt läuft, kommen die Wenigsten von Euch auf die Idee, ob das, was Euch widerfährt, nur Zufall ist oder einem unsichtbaren Drehbuch folgt, das einen tieferen Sinn hat.
Sobald jedoch Euer Lebensfilm eine schmerzliche Richtung einschlägt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Meisten von Euch beginnen, Fragen zu stellen. Warum passiert mir das? Wer oder was ist dafür verantwortlich, dass mein Leben so schmerzlich wird? Und die wichtigste Frage von allen: Wie kann ich es verändern?
Denn all das, was bis dahin funktioniert hatte, oder besser gesagt, scheinbar funktioniert hatte, entzieht sich nun. Jede Form die Außenwelt zu manipulieren, bringt bestenfalls gar nichts oder macht Euer Leben noch schmerzhafter.
Kannst Du mal ein konkretes Beispiel nennen?
Innere Stimme: Nehmen wir an, dass Du gelernt hast, wie man anderen Menschen etwas verkauft. Eine zeitlang warst Du damit so erfolgreich, dass Du Dir ein behagliches Heim und eine Reihe von Luxusgütern anschaffen konntest.
Sobald jedoch die Phase des Erwachens startet, beginnt sich dein Leben zu drehen. All die kleinen und großen rhetorischen Tricks verlieren ihre Wirkung oder wenden sich sogar gegen Dich. Abschlüsse, die Du früher mit beinahe traumwandlerischer Zuversicht gewonnen hättest, zerplatzen in letzter Sekunde. Deine frühere Fähigkeit, wichtige Trends zu erkennen, geht verloren und Du investierst viel Zeit und Geld in Geschäfte, die nur weitere Verluste mit sich bringen.
So sehr Du Dich auch bemühst: Es scheint, dass sich das Leben gegen Dich verschworen hat.
Einige von Euch spüren, dass hier möglicherweise eine größere Kraft wirkt und begeben sich auf eine Suche nach ihr. Andere wiederum verfolgen verbissen ihren bisherigen Kurs, um die Dinge wieder zu ihren Gunsten zu wenden. Dabei kann es dann geschehen, dass sich die Lage noch weiter zuspitzt. Vielleicht werden sie von einer Krankheit heimgesucht, vielleicht scheitert ihre langjährige Partnerschaft und sie stehen nicht nur vor einem geschäftlichen, sondern auch vor einem privaten Trümmerhaufen.
Aber so schlimm die Erfahrung auch sein mag: Sie dient letztendlich dazu, in Eure wahre Kraft zu erwachen.
Muss das Erwachen immer schmerzhaft sein?
Innere Stimme: Nein. Im Gegenteil. Das Erwachen könnte für Euch alle ein freudiges Erlebnis sein. Aber ihr lebt leider in einer Gesellschaft, die kaum etwas vom Erwachen versteht. Die meisten von Euch haben darüber weder etwas von ihren Eltern, noch in der Schule gelernt. Auch in vielen Religionen wird viel zu wenig über das Erwachen gelehrt. Die Lebenskrise, die mit dem Erwachen einhergeht, wird dann oft als eine Prüfung Gottes oder als schlechtes Karma missdeutet.
Tatsächlich aber geht es nur darum, dass Ihr anfangt, Euch für eine größere Wahrheit zu öffnen.
Welche?
Innere Stimme: Dass Ihr weitaus mehr seid als Eurer Körper oder Eure menschliche Psyche. Dass Ihr im Kern aus reinem Bewusstsein besteht, das wiederum in seinem tiefsten Wesen kreativ und schöpferisch ist. Und dass die Lebensumstände, in denen Ihr Euch im wahrsten Sinne des Worte »wiederfindet«, dazu dienen, in Eure größte Kraft hineinzuwachsen: Der Schöpfer oder die Schöpferin Eures Lebens zu sein.
Du meinst, dass ich dann vollständig bestimmen kann, was in meinem Leben geschieht?
Innere Stimme: Ja und nein. Denn Du kannst nicht immer auswählen, was Dir im Spiel des Lebens begegnet. Deine wahre Eigen-Macht besteht darin zu wählen, wie Du darauf reagieren möchest.
Denn das ist der Sinn des Spiels: Dass Du Dich selbst zum Ausdruck bringst. Und oft sind es herausfordernde Erfahrungen, die Dich inspirieren, in Deine volle Kraft zu wachsen.
Warte: Ich kann nicht frei bestimmen, was mir begegnet?
Innere Stimme: Nein. Du bist ja zum Ersten nicht der einzige Schöpfer oder Schöpferin in dem Geschehen namens Leben – andere besitzen ebenfalls einen freien Willen und machen oft auch Gebrauch davon. Deswegen ist das Leben keineswegs vorhersehbar. Und zum Zweiten spiele ich als Innere Stimme ebenfalls eine Rolle in Deinem Leben.
Welche?
Innere Stimme: Es gibt einen Lebensplan, den wir beide entworfen haben, bevor Du geboren wurdest. Und zu ihm gehört, dass Du und ich zunächst ein Paar werden, um dann irgendwann miteinander zu verschmelzen.
Was meinst Du damit?
Innere Stimme: Lass uns zu dem Ausgangspunkt unseres heutigen Interviews zurückkehren – zu der Frage, warum wir beide getrennt auftreten.
In der Phase 1 Deiner Existenz, in der sich Dein reines Bewusstsein in der irdischen Existenz verlierst, konzentrierst Du Dich darauf, Deine menschliche Psyche zu entwickeln. Emotionen, die Du köperlich spürst und Gedanken, die Dein Verstand produziert, bestimmen meistenteils Deine innerliche Wahrnehmung. Zwar hast Du die Verbindung zu Deiner Inneren Stimme nicht verloren, aber zumindest so weit vergessen, dass Du Fügungen und Intuitionen als glücklichen Zufall abtust oder einem überirdischen Gott zuschreibst – nicht aber Deinem Inneren.
Beim Erwachen geht es darum, dass Du zunächst zu unterscheiden lernst, dass Du zwar Gefühle und Gedanken hast, aber nicht bist. Du entdeckst, dass es ein Ich gibt, dass die Gefühle und Gedanken wahrnehmen kann, was wiederum bedeutet, dass Dein Ich und die Gedanken und Gefühle voneinander verschieden sind.
Du entwickelst quasi eine Art Beobachter-Bewusstsein, wie es Eure Buddhisten nennen.
Aber das ist erst der Anfang. Denn jeder von Euch erlebt nun auf seine Weise, dass es eine Art Innere Stimme gibt, die Euch aus all den Schwierigkeiten zu führen vermag, die mit dem Erwachen und namentlich dem Zusammenbruch des gewohnten Lebensfilm einhergehen.
Ja, ich erinnere mich daran, wie das damals bei mir geschehen ist. Eine echt schöne Erfahrung.
Innere Stimme: So nimmst Du es heute wahr, weil Du im Nachhinein erlebt hast, dass es in etwas Gutes für Dich gemündet ist. Damals jedoch war es eher verwirrend für Dich. Erinnerst Du Dich noch?
Nur noch dunkel.
Innere Stimme: Das Auftauchen der Inneren Stimme ist für Euren Verstand und Euer eigenes, frisch erwachtes Beobachter-Bewusstsein meist nicht ganz unproblematisch.
Euer Verstand, der sich bis dahin als Chef oder Chefin Eures Lebens wahrgenommen hat, erlebt zum Beispiel das Auftauchen der Inneren Stimme eher als bedrohlich. Er fürchtet nicht nur, seine über viele Jahre entwickelte Gabe zu verlieren, das Leben zu seinen Gunsten zu manipulieren, sondern vielmehr, dass er von seinem Thron gestoßen und vom Hofe vertrieben werden könnte. Ein Irrtum. Aber einer, der sich ihm nicht sofort erschließt. Und so wehrt sich Euer Verstand oft mit Händen und Füßen gegen die Transformation, die ihn jetzt als Nächstes erwartet.
Dein frisch erwachtes Beobachter-Bewusstsein wiederum ist gerade zu Anfang noch unsicher auf den Beinen. Es fühlt sich wie damals, als Ihr als Kleinkind zu gehen gelernt habt. Stolz und demütig zugleich. Stolz, weil Ihr Euch ein paar Schritte fortbewegen könnt. Und demütig, weil Ihr dennoch immer wieder stolpert und zu Boden geht.
Deswegen kann sich der Big Shift, der Moment also, in dem Eure Innere Stimme auf den Plan tritt, zutiefst verunsichernd anfühlen. Euer Verstand rebelliert. Und Euer frisch erwachtes Bewusstsein ist noch zu verwirrt, um seiner Hauptaufgabe gerecht zu werden.
Welcher?
Innere Stimme: Lass uns das doch im nächsten Interview erkunden – und dazu dieses hier abschließen.
Und zwar mit der Antwort auf die Frage, warum Du und ich getrennt auftreten.
Unser gemeinsamer Dialog ist eine Einladung an alle Leser und Leserinnen, nach Innen zu gehen, und ihre eigene Innere Stimme, ihre Intuitive Intelligenz, ihren eigenen Inneren Guru zu finden.
Denn das ist unsere gemeinsame Mission: Einen Beitrag zum globalen Erwachen eines neuen Bewusstseins zu leisten.
Das ist auch das erklärte Ziel der menschlichen Evolution: Euch einer größeren Wahrheit bewusst zu werden und aus ihr heraus Eure eigene schöpferische Energie zum Ausdruck zu bringen.
Zum nächsten Interview zum Thema »Lebenspläne«.
Tipp:
Wenn Dich das Interview neugierig gemacht hat: Im Big Shift Buch erfährst Du mehr.
Dieser Beitrag kam gerade für mich genau richtig. Ich stecke selbst gerade in einer Lebenskrise.
Ich habe dabei aber immer gedacht, dass ich was falsch mache. Nie im Leben wäre ich darauf gekommen, dass es um sowas wie Erwachen geht.
Das muss ich erstmal sacken lassen.
Danke nochmal. Denn das hat was in mir bewegt.
Lieber Detlev, das kann ich so gut nachvollziehen. Ging mir ebenso bei meiner ersten dunklen Nacht der Seele.
Es ist enorm hilfreich sich in dieser Situation auf die Idee einzulassen, dass die Krise letztlich dabei helfen soll, die eigene Perspektive zu erweitern und von festgefahrenen Denkmustern und Projektionen loszulassen sowie sich selbst ganz neu kennenzulernen.
Eine Buchempfehlung dazu: Anne Vonjahr, Die Phönixerfahrung.
Da geht es genau um die innneren Prozesse, die man in einer schweren Krise durchläuft und wozu sie dienen können.
Alles Gute Dir und viel Kraft und Vertrauen darin, dass das, was Du gerade erlebst, zu etwas gut ist.
Sabine
Hallo Martin,
tatsächlich empfinde ich es als sehr irritierend und anstrengend, dass meine Innere Stimme sich in einer großen Krise und damit an einer wichtigen Wegkreuzung mehr und mehr meldet. Glücklicherweise kommt sie in zarten Schritten mit dem Verstand in Kontakt, der zu der bevorstehenden großen Veränderung auch etwas zu sagen hat. Mir kommt es vor, als würden die beiden den noch jungen Prozess gemeinsam gestalten wollen und können. Das gibt mir bei allem Chaos ein wachsendes Gefühl von Sicherheit und Vertrauen.
Alles Liebe und vielen Dank für deinen starken Impuls !!!!
Martin, dein Beitrag kommt auch für mich genau richtig, da ich schon eine Weile „bewusster mit meiner Bewusstheit“:-)) durch mein Leben laufe und auch die Perspektive mit dem Lebensfilm verinnerlicht habe. Es scheint, als werde ich durch deinen Beirag konkreter – weg von der Persönlichkeit – zu der Bewusstheit geswitcht, um alles wirklich AUS DIESER PERSPEKTIVE zu sein/zu erleben.
Martin ich danke Dir und Deiner inneren Stimme sehr für diese Einblicke.
Ich finde es sehr ermutigend.
Mir ist jetzt erst bewusst geworden, dass meine innere Stimme immer für mich da war. Ich bin im Leben jedoch nicht immer dem gefolgt, was sie mir an Impulsen gesendet hat und dann gab es regelmäßig Schwierigkeiten.
Ich betrachte das Leben mittlerweile als eine Art Spiel, wo man von einem Level (die Herausforderungen) zum anderen gelangt und in der Rückschau sieht, wie man es gemeistert hat. Das finde ich interessant, weil man so viele Erkenntnisse gewinnen kann und lernt, mit Situationen gut umzugehen. Dabei betrachte ich die innere Stimme und den Verstand als meine wichtigsten Begleiter beim Lernen am Leben.
Das gefällt mir sehr!
Ich mag die Darstellung Deiner Inneren Stimme noch etwas erweitern, Martin.
„Deine Persönlichkeit ist ein nahezu unbeschriebenes Blatt“, sagt sie, wenn wir geboren werden.
Dem ist definitiv nicht so.
Schon bevor wir den ersten Atemzug nehmen, haben wir persönlicheitsformende Prägungen erhalten sowohl durch Vererbung (es ist inzwischen auch wissenschaftlich anerkannt, dass Traumata unserer Vorfahren soweit sie noch nicht geheilt wurden, weitervererbt werden) als auch durch den emotionalen Zustand, in dem unsere Mutter während der Schwangerschaft war.
Hat eine werdende Mutter während der Schwangerschaft starken emotionalen Stress, dann wirkt sich das unmittelbar auf das Embryo aus und das sich entwickelnde Nervensystem ist deutlich weniger stressresistent als bei einem Embryo, das in einer im wesentlichen zufriedenen oder gar glücklichen Mutter heranwächst.
Somit werden die Weichen, wie wir Herausforderungen in unserem Leben begegnen schon im Mutterleib gestellt.
Das zu erkennen und sich damit auch zu befreien von den ständigen Selbstvorwürfen, die man oft gerade dann hat, wenn man sich von Außenumständen überfordert fühlt, ist aus meiner Sicht eine sehr wichtige Voraussetzung, damit ein Big Shift überhaupt gelingen kann.
Erst wenn wir lernen, wirklich mitfühlend mit uns selbst zu sein und anzuerkennen, dass es Umstände bei der Heranbildung des eigenen Verständnisses unseres Selbst und von der Welt gegeben hat, die wir nicht bewusst selbst herbeigeführt haben, können wir anfangen Verantwortung für das zu übernehmen, was wir tatsächlich selbst kreiert haben ohne uns dafür in Grund und Boden zu verurteilen.
Dann können wir auch konstruktiv mit eigenen Fehlern im Denken und Verhalten umgehen und daraus lernen.
Danke Dir, Martin für diese interessanten Ausführungen. Ich stimme voll und ganz mit Dir und Deiner Inneren Stimme überein, dass es um die Herausbildung eines neuen Bewusstseins geht bei all unseren persönlichen wie auch globalen Herausforderungen.
Liebe Sabine
danke für Deinen Beitrag.
Ich habe meine Innere Stimme dazu befragt und sie hat in der Tat eine andere Meinung zu dem Thema: »Erbgut, pränatale Erfahrungen und auch karmische Prägungen sind zur Zeit der Geburt als Potentiale vorhanden, deswegen aucn die Formulierung ›nahezu‹, aber ob diese Anlagen für die Persönlichkeit des Menschen eine Rolle spielen oder nicht, zeigt sich erst, wenn die menschliche Psyche mindestens fünf Jahre oder mehr Erfahrungen und Fähigkeiten entwickelt haben.«
So kann es sein, dass jemand bereits im Mutterleib schmerzliche Erfahrungen macht (in meinem Buch findet sich im Kapitel »Schattenreich« dazu Näheres), aber wenn jemand danach in behüteten Verhältnissen aufwächst, kannn das die Erfahrungen ausgleichen bzw. nivellieren.
Auch die Weitervererbung von Traumata von einer Generation zur Anderen findet nicht zwingend statt. Tatsächlich gibt es viele Beispiele von Zwillingskindern, die unter den gleichen Bedingungen aufgewachsen sind und sich dennoch unterschiedlich entwickelt haben.
Meine Innere Stimme gibt Dir recht, dass Selbstvorwürfe im eigenen Leben nichts zu suchen haben. Zugeleich betont sie jedoch, dass wir für unsere Entwicklung und für unser Wohlbefinden die volle Verantwortung übernehmen sollten.
Sie stimmt Dir auch zu, dass wir die Verhältnisse, in denen wir aufwachsen nicht selbst geschafffen haben und dass wir in der Tat gerade in dem ersten Jahrzehnt unseres Lebens und bis zum Abschluss der Pubertät unter Umständen und Bedingungen leiden können, die wir nicht immer selbst steuern können. Darüber hinaus ist auch der Gedanke einer (karmischen oder auch anders gearteten) Schuld an den Umständen von der Hand zu weisen.
Dennoch tragen wir die volle Verantwortung, was wir aus unseren Erfahrungen machen, sprich, wie wir auf sie »antworten«.
Zu sagen, man sei im Mutterbauch traumatisiert worden und könne deswegen heute beispielsweise keine gesunden Beziehungen eingehen, wäre eine Antwort in Form einer Opfergeschichte, wo wir den äußeren Umstönden die Macht zuweisen.
Besser ist es zu sagen: Ich habe im Mutterleib schmerzliche Erfahrungen gemacht, die dann im Familienleben verstärkt wurden und die dazu geführt haben, dass ich heute Bindungsängste habe – aber ich tu jetzt etwas dafür, damit diese alte Erfahrung ab sofort ein Happy End finden können.
Meine Innere Stimme dankt Dir für die Wertschätzung, die bis zum Schluss aus Deinen Zeilen spricht.
Danke für die Antwort, Martin und Innere Stimme. 🙂
Es ging mir in meinem Ausführungen nicht darum, eine Opfergeschichte aufzumachen, sondern nur darum, diese Informationen von gewissen erschwerenden Konstellationen als Hilfmittel zu nutzen, um statt Selbstverurteilung liebevolles Mitgefühl zu fördern, weil das ein sehr guter Nährboden für self-empowerment ist.
Das wollte ich nur nochmal nachreichen, da ich den Eindruck habe, dass Du meine Intention in eine Richtung interpretiert hast, in die ich gar nicht gehen wollte.
Danke für den Austausch!
Hallo Martin, hallo Sabine,
ich finde eure Diskussion gerade sehr interessant. Was ich dazu sagen kann ist: Ja, wir kommen aus dem Einssein und werden in diese Welt der Dualität geboren, hell – dunkel, kalt – warm, gut – böse, Verbundenheit – Einsamkeit. Hier erscheint alles getrennt und so lernen wir, uns als getrennt voneinander, getrennt von der Natur usw. wahrzunehmen. Aus einem bestimmten Grund (den mir meine innere Stimme noch nicht verraten hat) scheint es uns als ganzheitliches Wesen wichtig zu sein, dieses irdische Leben in allen Facetten in dieser materiellen Welt zu erleben. So kann sich unser Bewusstsein neu erfahren.
Deshalb gehört die Erfahrung des sich getrennt fühlens und die Suche nach dem Einssein zum Leben dazu. Aber wir „modernen “ Gesellschaften tragen besonders dazu bei, dass wir schon als Kind vergessen woher wir eigentlich kommen. Für mich war die Kindheit eine Zeit vieler traumatischer Erlebnisse. Ich kann (jetzt wieder) fühlen, wie ich als kleines Kind voller Neugier, freudig, lebenslustig und aufgeschlossen war. So bin ich auf alles zugegangen. Da hieß es:“Nein! dies tut man nicht, das tut man nicht, sitz still, red nur wenn du gefragt wirst, mit diesen Kindern darfst du nicht spielen, mit sowas verkehren wir nicht, vertraue niemandem.“ Immer wurde mir vermittelt ich sei falsch und müsste erstmal richtig erzogen werden. Prügel und eingesperrt werden waren ein probates Mittel. Ich wollte ein guter Mensch werden und so beschloss ich mich anzupassen und so gut es ging die Erwartungen zu erfüllen. (Gerald Hüther nennt dies „vom Subjekt zum Objekt werden) Das erforderte, dass ich mein wahres Ich versteckte. Dazu gehörte auch das Wissen um das Einssein. Ich habe es
so gut versteckt, dass ich es fast selbst vergessen habe. Bis es sich auf einmal mit Macht gemeldet hat.
Ich fühle mich nicht als Opfer, ganz im Gegenteil. Ich bin stolz, dass ich meinen „Schatz“ unversehrt durch die schwierigen Zeiten getragen habe. Heute kann ich mein inneres Wissen mit meinen Lebenserfahrungen verbinden und mit anderen Eltern und Fachkräften neue Wege für Familien und für Betreuungs- und Bildungseinrichtungen finden. Alte Traumata können überwunden werden, aber wir müssen auch nicht so viele neue erzeugen.