In den letzten beiden Interviews (hier und hier) ging es um die Frage, wie wir dazu beitragen können, den Terror und Krieg zu beenden.
Antwort meiner Inneren Stimme: Erst wenn wir in unserem Inneren Frieden schaffen, werden wir im Außen Frieden erfahren.
Aber wie geht das genau?
Innere Stimme: Indem Du nicht mehr vor Deinen Konflikten, Problemen und Schwierigkeiten davon läufst, sondern Dich ihnen zuwendest.
Stell Dir dazu vor, dass das Leben eine Art Intelligenz verkörpert, die Dich auf schnellstem und direktestem Wege zum inneren Frieden führen möchte – indem es Dir durch äußerliche Konflikte zeigt, womit Du in Deinem Inneren haderst.
Fang also genau da an, wo Du gerade bist. Du hast Stress mit einer geschäftlichen Partnerin? Ärger mit Deinem Vermieter? Streit mit Deiner Freundin? All das sind wunderbare Wegweiser des Lebens.
Konflikte als Kompass für Deinen Weg zu inneren Frieden.
Warum müssen das immer Konflikte sein?
Innere Stimme: Du hast, wie alle anderen Menschen auch, aufgrund von Erziehung oder gesellschaftlicher Ideale bestimmte Seiten Deines Wesens unterdrückt und ins Schattenreich abtransportiert.
Du weißt also manchmal nicht, was in Deinem Inneren Sache ist. Der Konflikt zeigt Dir klar und deutlich, was Du nicht sehen kannst.
Du bist zum Beispiel mit einem autoritären Vater aufgewachsen, der früher alles Verletzliche als schwach abgelehnt hat. Also hast Du in jungen Jahren das Ideal eines starken Mannes angestrebt.
Als Du in die Pubertät kamst, entfaltete gerade die weibliche Emanzipation ihre Flügel – mit der Folge, das in manchen Kreisen alles maskulin Kämpferische zum Tabu erklärt wurde. So kam es, dass Du, wie viele andere Männer Deiner Generation auch, eine zeitlang Deine ganz natürliche Aggressivität verdrängt hast.
Oha.
Innere Stimme: Das ist nur menschlich und vollkommen normal.
Diese verdrängten Wesenszüge hausen allerdings fortan in einem Areal Deiner menschlichen Psyche, das für Dein Alltagsbewusstsein meist unzugänglich ist.
Aber sie melden sich zu Wort, sobald du im Außen Menschen begegnest, die ihre Wesensart verkörpern.
Wenn Du Deine Verletzlichkeit oder Deine Aggressivität verdrängst, wirst Du bei Menschen, die verwundbar oder kämpferisch auftreten, ein Unbehagen spüren.
Je mehr Du diese Aspekte in Dir weggesperrt hast, desto weniger wirst Du das Unbehagen zu deuten wissen. Da es jedoch im Zusammenhang mit der Person auftritt, beginnst Du diese Menschen abzulehnen.
Du magst Dein Gegenüber nicht. Es ist Dir unsympathisch. Und um Deine unangenehmen Gefühle zu besänftigen, versuchst Du Dein Gegenüber loszuwerden.
Der oder die Andere spürt Deine Ablehnung instinktiv und es entsteht ein Funkenflug, der das Pulverfass Eurer inneren Konflikte jederzeit entzünden kann. Ein falsches Wort mit kritischem Unterton oder eine ablehnende Geste genügen und Eure Gefühle explodieren.
Und genau damit wird die Spirale der Gewalt in Gang gesetzt, die immer weiter eskaliert, bis jeder von Euch realen Schaden erleidet – seelisch, gesundheitlich, zwischenmenschlich, beruflich und in bestimmten Fällen auch finanziell.
Spätestens dann solltest Du dem Einhalt gebieten.
OK. Aber wie?
Wie Du Frieden schaffst
Innere Stimme: Erkenne die wahre Ursache des Konflikts. Denn in jedem Streit sind 3 Faktoren aktiv: Die Ebene des Lebens, das Selbstbild der Beteiligten sowie ihre Wünsche und Ziele.
Was meinst Du mit der »Ebene des Lebens«?
Innere Stimme: Auch wenn Ihr Euch körperlich als getrennt von anderen Menschen wahrnehmt, so seid Ihr doch aus dem gleichen Stoff namens Leben gestrickt.
Ihr seid nicht nur gleich – Ihr seid sogar dasselbe. Auch wenn das viele Menschen bewusst nicht wahrnehmen, seid Ihr auf einer sehr tiefen Ebene eins.
Lehnst Du also den anderen ab, lehnst Du damit auch Dich selbst ab.
Greifst Du den anderen an, greifst Du auch Dich an.
Das ist ungefähr so, als ob Ihr auf dem Meer in einem gemeinsamen Boot treibt und Du schlägst aus Rache ein Loch in den Boden. Dann geht nicht nur der Andere unter, sondern Du auch.
Das erinnert mich an den Film »Fight Club«, in dem sich der Held selbst schlägt.
Innere Stimme: Das ist ein ausgezeichneter Vergleich. Metaphorisch gesprochen weiß die Faust nicht, dass sie Teil des gleichen Körpers ist.
Ehrlich gesagt kann ich dieses Einssein nicht so recht nachvollziehen.
Innere Stimme: Achte einmal darauf, was Du nach einem Streit empfindest. Wenn Du genau hin fühlst, wirst Du neben all dem Ärger oder dem Gefühl der Demütigung eine Art »Ge-Wissen« verspüren, das Dich leise, aber beharrlich an die fundamentale Einheit des Lebens erinnert.
Es fällt mir in solchen Situation nicht ganz so leicht, auf dieses Gewissen zu hören. Mein Ärger überwiegt meist.
Wofür Dein Ärger gut ist
Innere Stimme: Das liegt daran, dass der Ärger Dich wiederum daran erinnern möchte, für Dich selbst zu sorgen.
Denn jeder von Euch ist einzigartig, und der Sinn Eures Lebens besteht darin, diese Einzigartigkeit auszuleben.
Wie?
Innere Stimme: Indem Ihr Euren Wünschen und Zielen, Euren Werten und Euren Überzeugungen und Eurem Weltbild gemäß handelt.
Und indem Ihr Euch Gleichgesinnten anschließt, um Gemeinschaften zu bilden, in denen Ihr Eure Individualität ausleben und zur Blüte bringen könnt.
Das kann jedoch dazu führen, dass Ihr Eure Konflikte auch auf Gruppenebene auslebt. So kommt es zu Schlägereien zwischen Fans von Fußballclubs oder zu politischen oder religiösen Konflikten, die mehr als einmal in der Geschichte der Menschheit in schlimme Kriege umgeschlagen sind.
So wie im Nahen Osten?
Worum es in Konflikten oft wirklich geht
Innere Stimme: Der Konflikt im Nahen Osten steht stellvertretend für die Tatsache, dass die Menschen nicht wirklich für ein Stück Land oder für einen Stück Stoff namens Fahne kämpfen, sondern darum, in ihrem Wesen und dem, was ihnen am Herzen liegt, angenommen zu werden.
Das Land oder die Fahne stehen also sinnbildlich für sie selbst.
Der Konflikt im Nahen Osten wird deswegen erst dann Aussicht auf Frieden finden, wenn allen Beteiligten die Existenzberechtigung zugesprochen und ihre einzigartige Kultur und Religion respektiert wird.
Das Gleiche gilt auch für die politischen Konflikte in Eurem Lande. Meinungsverschiedenheiten sind wie gesagt normal und gehören zum Leben dazu. Sobald Ihr jedoch Euren politischen Kontrahenten in seiner Würde und Einzigartigkeit ablehnt oder gar demütigen wollt, habt Ihr ein Problem, das sich mit keiner Debatte und keiner Abstimmung aus der Welt schaffen lässt.
Was schlägst Du vor, wie wir es besser machen können?
Innere Stimme: Wir? Warte nicht auf die Anderen. Mach Du den ersten Schritt.
Worin besteht der?
Innere Stimme: Indem Du zum Beispiel den Anderen segnest.
Segnen als Werkzeug der Konfliktbewältigung
Segnen? Was soll das bedeuten?
Innere Stimme: Erkenne Dein Gegenüber so an, wie er oder sie ist – und wünsche ihm von Herzen Glück und Erfüllung.
Das fällt mir bei manchen Leuten wirklich schwer.
Innere Stimme: Das liegt daran, dass Du auch Dich selbst anerkennen, lieben und segnen solltest.
Wie?
Innere Stimme: Indem Du Dir selbst treu wirst, bist und bleibst. Wenn Deine Lebensabsichten, Deine Ziele, Wünschen und Sehnsüchte nicht mit denen der Anderen übereinstimmen, lass los und zieh weiter.
Suche die Gemeinschaft mit Menschen, die Deine Werte teilen und erschaffe Dir mit ihnen gemeinsam Lebensumstände, die für Dich stimmig sind.
Was ist, wenn der Andere mich nicht lässt? Was soll zum Beispiel Israel tun, wenn der Bombenhagel der Hamas auf sie niederprasselt?
Innere Stimme: Wenn Euch jemand verletzen möchte, schützt Euch. Das ist Euer gutes Recht und im gewissen Sinne auch Eure Pflicht.
Zieht deswegen Grenzen. Für Andere, aber auch für Euch.
Grenzen für die Anderen und auch für mich? Wie meinst Du das?
Innere Stimme: Es ist eine Sache, Dein Leben oder das eines Anderen, den Du liebst, zu schützen. Zum Beispiel das Deiner Kinder. Aber das gibt Dir nicht das Recht, das Leben der Kinder Deines Gegenübers in Gefahr zu bringen. Es gibt eine klare Grenze zwischen Schutz und Vernichtung des Anderen. Übertrete sie nicht.
Und was den Bombenhagel angeht, so wird er erst wie gesagt verstummen, wenn es allen Beteiligten gelungen ist, die Andersartigkeit der Anderen zu respektieren und ihnen genau deswegen einen Lebensraum zuzugestehen, in dem sie ihre Einzigartigkeit zur Entfaltung bringen können.
Das wird, glaube ich, noch lange dauern.
Innere Stimme: Mag sein. Aber das hat Dich nicht zu bekümmern. Das ist ihr Konflikt, nicht der Deine. Es ist ihr Weg, den sie gehen. Auf Dich wartet ein anderer.
Welcher?
Innere Stimme: Genau der, auf dem Du Dich gerade befindest. Welche Konflikte treten gerade in Deinem Leben auf? Mit wem hast Du Streit? Wen verurteilst oder bekämpfst Du sogar?
Fang genau da an.
Was jeder von uns, auch Du, jetzt machen kann
Bitte sag mir konkret, was ich tun kann.
Innere Stimme: Erkenne als erstes, dass Du Dich nur weiter in den Konflikt verstrickst, je stärker Du Dich auf ihn konzentrierst.
Je mehr Du den Anderen verletzt, desto mehr Schmerzen erleidest Du.
Also hör damit auf. Lasse den Konflikt los.
Wie mache ich das am besten?
Innere Stimme: Ziehe alle Deine Bezichtigungen zurück.
Wie bereits an anderer Stelle gesagt, hießen Bezichtigungen früher bei Euch »Zeihen«.
Zieh also das Zeihen zurück.
Verzeih dem Anderen, in dem Du ihn weder für Deine Lebensumstände, noch für Deine Gefühle und Gedanken verantwortlich machst.
Denn Verantwortung kommt von Antworten, und es ist stets an Dir, wie Du auf das Verhalten anderer antwortest.
Das ist Dein Kraftpunkt, Dein Zentrum der Macht.
Segne als Nächstes den Anderen, in dem Du ihm seine Andersartigkeit zugestehst. Wünsche ihm Glück, Erfüllung und Frieden. Denn dadurch erlebst Du selbst mehr Gefühle von Glück, Erfüllung und Frieden.
Sein Standpunkt mag auch danach immer noch nicht der Deine sein, und das muss es auch nicht.
Wenn Du das Gefühl hast, dass Euer Weltbild, Eure Werte und Überzeugungen zu sehr auseinander klaffen, zieh einfach weiter.
Wohin?
Innere Stimme: In Richtung Deiner Ziele und Wünsche und Sehnsüchte. Indem Du Deine ganze Kraft und Konzentration auf sie richtest, entziehst Du dem Konflikt Deine Energie und er beginnt, in sich zusammenzufallen.
Da Du den Anderen wertschätzt und respektierst, wird er ebenfalls die Waffen ruhen lassen, denn er hat erreicht, was nicht nur ihm, sondern allen Menschen wirklich wichtig ist.
Liebe.
Wie wahr. Wenn wir andere Menschen verletzen verletzten wir uns auch selbst.
Danke Martin
Lieber Martin
ich habe alle drei Interviews zu dem Konflikt im Nahen Osten gelesen.
Zu Anfang habe ich gedacht, dass du schon ein bisschen naiv bist.
Aber jetzt denke ich das nicht mehr.
Du oder deine innere Stimme haben recht. Wir alle wollen Verbindung und Nähe in Form von Liebe. Aber wir alle wollen auch frei sein, um unseren Interessen nachzugehen.
Das macht das Leben nicht immer leicht. Aber darin besteht am Ende des Tages die Kunst.
Wer diese nicht beherrscht, verstrickt sich, wie du sagst, in Konflikte.
Danke für deine Artikel.
Ein paar einfache Schritte um das Mitgefühl in der Welt zu vermehren
S
chritt 1: Wähle eine Person aus deinem Leben ( das kann jemand aus deinem persönlichen Umfeld sein, aber genauso gut auch eine Person die du nur aus den Medien kennst, zum Beispiel ein Politiker.
Schritt 2: Richte deine Aufmerksamkeit auf diese Person und sage zu dir selbst: “Genau wie ich strebt dieser Mensch nach Glück im Leben.“
Schritt 3: Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit bei dieser Person und sage zu mir selbst: “Genau wie ich versucht dieser Mensch, im Leben Leid zu vermeiden.“
Schritt 4: Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit bei dieser Person und Lage zu dir selbst. “Genau wie ich hat dieser Mensch schon Trauer, Einsamkeit und Verzweiflung erfahren.“
Schritt 5: Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit bei dieser Person und Lage zu dir selbst. “Genau wie ich versucht dieser Mensch, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.“
Schritt 6: Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit bei dieser Person und sage zu dir selbst: “Genau wie ich lernt dieser Mensch über das Leben.“
Danke. Superguter Prozess.
Danke Michael, das ist eine schöne Erweiterung der Metta-Meditation.
Wir haben in der Regierung Minister ohne Berufsabschluss sitzen, die leider wenig Ahnung haben von dem was sie da tun. Sie sind in gewisser Weise ideologisch verblendet. Selbst wenn ich Ihnen Ihre geistige Einfachheit verzeihe und mich damit beruhige, dass sie nicht wissen was sie tun, sitzen sie aber immer noch auf ihrem Abgeordnetenstuhl und machen weiter Unsinn. Mir ist weiter klar, dass eine ideologische Verblendung ein totalitäre Herrschaft bedingt, denn ohne diese könnten sich ja einseitige Vorstellungen nicht durchsetzen. Ein Austausch von sachlichen Argumenten führt normalerweise zu Kompromissen, den beide Parteien tragen können. Eine geistige Verblendung wird m. E. durch Verzeihen momentan nicht gelöst, da diese Personen sich momentan in einer ganz anderen geistigen Ebene befinden. Da ein Großteil der Menschheit sich im Dramaland befindet bin ich mir nicht sicher ob wir diese geistige Reife noch im Kollektiv erreichen, bevor wir uns selber auslöschen, um das Spiel wieder neu zu starten.
Frei nach dem Zitat ,,Die Welt scheint ein bisschen irre zurzeit, aber ich bin optimistisch: Alles wird gut, wenn die Menschheit ausgelöscht ist.“
RICKY GERVAIS,
62, britischer Komödiant, versucht, das Positive nicht aus den Augen zu verlieren.
Lieber Martin,
schöner Beitrag – Danke!
In einem Extra Kommentar habe ich eine schöne Übung beigefügt um das Mitgefühl in der Welt zu vermehren. Einfache Schritte die sofort praktizierbar sind.
Love and compassion
Michael
Nach meiner Erfahrung ist es manchmal too much in einer angetriggerten Verfassung Mitgefühl für den Auslöser des Triggers aufzubringen.
In solchen Fällen hilft mir sehr, mich statt auf die mentalen Inhalte und Betrachtungsweisen auf die Körperenergien zu fokussieren:
Was empfinde ich gerade und wo im Körper spüre ich das? Und dann durch ganz bewusstes Anspannen dieser Körperstellen und gleichzeitigem Hindurchatmen die festgehangenen Energien wieder ins Fließen zu bringen.
Sobald die Energien wieder besser fließen ist damit auch die emotionale Überrektion integriert und ich kann wieder neutraler auf die Situation/Person schauen. 😊
Guter Tipp. Danke fürs Teilen.
Zur Frage „Was soll zum Beispiel Israel tun, wenn der Bombenhagel der Hamas auf sie niederprasselt?“ Im moment trifft der Bombenhagel hauptsächliche unschuldige Palästinenser. Vielleicht mal nicht nur Spiegel etc. lesen.
Es gibt und gab von beiden Seiten Bombenhagel. Und die Hamas hat in dem Fall den ersten Angriff gestartet. Die Frage, wie Israel damit umgehen soll, ist also mehr als berechtigt. Ob es richtig ist, wie Israel jetzt reagiert, ist allerdings eine ebenso berechtigte Frage.